Mittwoch, 21. September 2011

Silvio Berlusconi - eine Bloghommage

Ein Ministerpräsident, der den Vogel zeigt - das hat was! Für Spiegel Online ist der Mann ein Narziss und ein Windhund. Für mich ist der Mann ein Heros der öffentlichen Wahrnehmung. Ein Tantalos am Tisch der gestutzten Eurogötter.

Wäre ich in dem Alter noch, würde ich mir den Mann als Poster an die Wand kleben. Ich habe Sympathie und verneige mich vor ihm. Ein Blogger sucht die Wahrnehmung, nicht die Wahrheit! Die Mann ist mein Idol. Ich bekenne mich.

Zuerst mal: Der Mann hat es nicht leicht. Und unmittelbar anschließend: Kein Mann hat es leicht ;) . Aber ein Mann, der gute 70 Jahre aufrecht stehend hinter sich gebracht hat, hat es ganz besonders nicht leicht. Statt sich in den Rollstuhl fallen zu lassen und seiner jugendliche Pflegerin nurmehr den über die künstlichen Körperausgänge gebeugten Rücken zuzuwenden, sucht der Mann sein Glück in der Frontallinie. Ich meine es ernst. Mir gefällt das. Zum Sabbern haben wir Männer am Ende unseres Lebens noch genügend Zeit.

Aber der Mann reißt sein Bella Italia direkt in den Abgrund, höre ich allerorts im Blätterwald. (Welcher Kulturschänder erfindet eigentlich diese Platitüden!?). Tut er das? Oder ist der Gedanke einem Denkverbot geopfert worden?

Ein Beispiel gefällig? Zwei Männer stehen vor dem Sachbearbeiter ihrer örtlichen Bank. Der Mann, ein Grieche, hat € 10.000 Schulden. Der andere Mann, ein Italiener, hat € 10.000.000 Schulden. Mit dem ersten Mann kann die Bank verfahren, wie sie will (und tut es auch). Mit dem zweiten Mann aber steht und fällt die ganze Bank. Der Grieche ist überschuldet, der Italiener ist systemrelevant.

Ich frage euch: Windhund und Narziss? Oder Zirkusdirektor und Löwenbändiger? Entschuldigt mal, hat Silvio Berlusconi nicht völlig recht? Italien wird nicht sparen und muss nicht sparen. Klar ein paar Zirkusverbeugungen, wenn alle klatschen und die Bilder blitzen - aber ernsthaft sparen? Warum? € 400.000.000.000 bis Ende 2012 (in den nächsten 3 Monaten: € 160.000.000.000) rückzahlbare Schulden sind ein Problem des Gläubigers, nicht des Schuldners. Versteht Il Principe das falsch? Ich glaube nicht.

Und dennoch: Es geht nicht um das Rechthaben allein. Jedenfalls einem stolzen Italiener nicht. Der Mann ist ein Gesamtkunstwerk. Er hat sich selbst geschaffen. So will er gesehen werden. Was kann ein 74 Jahre alter Mann größers tun, als dem Unausweichlichen gutgekleidet und redegewandt standzuhalten? Darin liegt Größe. Diese berührt unser Innerstes.

Berlusconi hat wie eine Romanfigur Tiefe, nicht nur Breite. Schäuble ist flach wie ein Brett. Er hat die Persönlichkeit eines Verkehrsschildes. Berlusconi dagegen hat grandezza. Für das Wort gibt es nicht einmal eine richtige deutsche Übersetzung.