Samstag, 11. Juni 2011

I.26 Ebooks sind 'Vote'-books

Seht euch an, wie Ebooks bei der boerse.bz/dokumente/unterhaltung gelistet werden (Runterladen ist illegal - Ansehen legal)! An oberstes Stelle, fett markiert, ist das Buch, welches gerade von einem registrierten User angeklickt wurde. Wenn niemand erneut darauf klickt, sackt es nach und nach die 30 Plätze der 1 Seite herunter. Dann weiter zu Seite 2 und so fort. Die aktuellsten Bookz werden immer wieder angeklickt, bleiben 2 Tage lang auf Seite 1, um dann zu verschwinden.

Es gibt keine alphabetische Ordnung, keine Anordnung durch Bibliothekare, keine Kritikerlisten. Nichts. Alles entscheidet der Geschmack der Leser. Eine wirkliche echte Klickparade. Ich stellt ein Buch ein - habe ich mir von Unbekannt sagen lassen - und nach kurzer Zeit ist es 30 Stellen runtergerutscht, damit auf Seite 2, quasi unsichtbar und dann geht es abwärts und abwärts. Eine Suchfunktion (Sufu) gibt es, wird aber wenig benutzt. Jedes Ebook hat seinen Tag Aufmerksamkeit, um dann im Ozean des Vergessens zu verschwinden.

Das Internet hat ein Gedächtnis, höre ich. Das ist schon richtig. Alles ist für alle Zeit abrufbar. Nur ruft es niemand ab. Stellen wir uns eine Bibliothek vor, Hunderte von Metern Bücher. Selbst im Buchhandel, wenn ich mich an den Spiegellisten vorbeigekämpft habe, öffnet sich mein Sichtfeld. Mein Blick wandert die Reihen entlang. Jedes Buch hat seine fast gleichen Chance, alt oder neu.

Im Internet hat nur das neuste Buch eine Chance. Ganz einfach wegen der Beschränkung unseres Sichtfeldes. Geht zu libri.de oder der boerse.bz, legal oder illegal, Ebooks oder Bookz, das Wort >Neu< verbindet sie alle. Wir blicken durch das Fenster unseres Bildschirms, als führen wir in eine Drive-In-Buchhandlung. Die ersten 30 Ebooks bekommen wir zu sehen, dann steht der Warenkorb vor uns oder der Hoster-Button.

Das Internet ist süchtig nach Neuem. Klar, weiß jeder. Ich stelle hier heraus, dass die Struktur des Internets diese Sucht fördert. Die Aufmerksamkeit entscheidet über die Plazierung, diese beeinflusst wiederum die Aufmerksamkeit. Daher sind immer 95 % der Artikel oder Beiträge neueren Datums. In einer Buchhandlung bleiben unverkaufte Bücher in den Regalen stehen. Was wäre, wenn der Buchändler die unverkauften Bücher wöchentlich zurückgeben könnte. Die Zeitschiene hätte sich mehr als halbiert, 80 % der Regale wären verzichtbar.

Bei den Ebooks - legal oder illegal - geschieht das Absinken auf tiefste und dunkelste Meeresgründe des Vergessens schnell und endgültig. So ist das nun mal, weil die Struktur so ist. Das Voting ist eine ehrliche Sache, führt aber in der Konsequenz dazu, dass nur die neusten Ebooks in einem sehr schmalen Angebot zu finden sind. Die Zeitgleise verzweigen sich in die Unendlichkeit. Leider gibt es nur einen Zug, und diesen halten johlende Vampire und betrunkene Zwerge belegt.

Das hat für uns Self-Publisher Konsequenzen. Es ist sinnlos, die Entstehung eines Werkes auf Jahre anzulegen, um nach 2 Tagen aus dem Blickfeld der Leser verschwunden ist. Halten wir unsere Werke also kurz, schreiben wir schnell. Tut mir leid, ich sehe uns Self-Publisher als Egoshooter, die geduckt von Mauervorsprung zu Sandsack zu Türrahmen laufen, immer das Ziel von Sperrfeuer und Heckenschützen.