Dienstag, 26. Juli 2011

Indie = € 0,00 - was sonst?

Meinen ersten Roman habe ich fast fertig. Fehlen noch 4-5 Kapitelchen, dann ist alles fertig. Stellt sich die Frage, was das gute Stück kosten soll.

Ich bin in allen großen Autoren-Leser-Boards gewesen und habe mich umgesehen. Alle Autoren heften ihrem Buch irgendeinen Preis an. Nirgendwo, wirklich nirgendwo (bitte berichtigt mich!) habe ich den Jubel gehört, der bei Einnahmen oberhalb der Wahrnehmungsgrenze ausbrechen würde! Ich vermute mal, alle Indie-Autoren zusammen machen im Monat nicht mehr als einen dreistelligen Umsatz - ALLE ZUSAMMEN! Wenn das stimmt (bitte berichtigt mich!), dann ist jeder Preis oberhalb von € 0,00 Wunschdenken.

Ein Preis ist ein Angebot an den Käufer, keine Nabelschau des Verkäufers. Letzteres schien mir sehr häufig der Fall. Als würde ein Preis von € 0,00 mein Buch abwerten. Was mein Buch wirklich abwertet, ist das völlige Desinteresse der Leser. Nur ist dieses unsichtbar, der Preis dagegen sichtbar. Das ist der bequemeste Weg: Ich hefte einen Preis an und verabschiede mich vom Publikum in meinen Märchenturm.

Also nehme ich mir Henry Baum als Vorbild, dem es über einen Umweg gelungen ist, sein Buch auch bei Amazon auf € 0,00 zu drücken - mit riesigem Erfolg (Platz 19 der Bestsellerliste). Es gibt genug Leute in den US-Blogs, die voraussagen, dass auch der Preis von $ 0,99 nicht zu halten sein wird. Es wird ernsthaft diskutiert - macht euch keine falschen Vorstellungen - ob Ebooks nicht grundsätzlich verschenkt werden sollen. Wie Henry Baum sagt: "It means readers will be less and less willing to actually pay for books."

Es ist einleuchtend, dass ich für mein Buch zwei Dinge erreichen kann: den Verkauf und das Lesen. Wenn ich es schon nicht verkaufen kann, dann will ich wenigstens, dass es gelesen wird. Das ist die Logik. Jeder Indie-Autor, der sein Werk mit einem Phantasiepreis versieht, wird weder Verkäufe noch Leser haben.

Gleiches gilt für unbekannte Autoren von kleinen Verlagen. Ich schreibe bald Rezensionen für bloggdeinbuch. Wenn ich die Preise sehe, dann kommen mir die Tränen. Ich will schon glauben, dass die Verlage einen bestimmten Umsatz (= Preis x Verkäufe) erreichen müssen. Die Preisfestlegung ist nicht das Problem - bei der Verkaufszahl bricht die Kalkulation zusammen.

Insofern haben wir reinen Indie-Autoren einen echten Vorteil. Wir haben keinen Verlag am Bein, der einen Kreditgeber am Bein hat. Bei Bookrix habe ich in der Tat viele Bücher gesehen, die umsonst sind. So werden Leser gewonnen. Dass diese sich daran gewöhnen werden, nichts zu bezahlen (s. Henry Baum), ist nicht zu ändern.

Wenn mich jemand fragt: >Womit sollen wir Geld verdienen?<, muss ich antworten: >Weiß ich auch nicht!< Ich weiß nur eins: Mit Phantasiepreisen verdient ihr kein Geld!

2 Kommentare:

Romana Grimm hat gesagt…

Was sind denn Fantasiepreise?

Ich bin gerne bereit, ein paar Euro für ein gutes eBook hinzulegen, je nach Länge gestaffelt natürlich. .99c finde ich wenig, allerdings ist das auch genau die Hürde, die bestehen bleiben muss, wenn man Geld verdienen will. Alles, was drüber liegt, liegt natürlich im Ermessen des Autors, und ich bin definitiv eine von denen, die nichts davon halten, alles zu verschenken. Auch in einem eBook steckt sehr viel Arbeit! Druck und Cover sind letztendlich nur kleine Teile eines Buches; wer versüßt mir denn die vielen Stunden, in denen ich geschrieben und korrigiert habe?

Nein, ich glaube nicht, dass eBooks generell kostenlos sein sollten, und das werden sie auch nicht sein. Günstig ja, aber nicht pro forma verschenkt.

LG,
Romana

Likayorden hat gesagt…

Es herrscht aber auch die gängige Meinung, dass alles was nichts kostet, auch nichts taugt. Da sind wir eBook Autoren in einer richtigen Zwickmühle.
Ich persönlich empfinde es als Schlag ins Gesicht, für die wirklich intensive Arbeit, vom Schreiben bis zum Korrigieren, formatieren etc. nichts weiter als ein Dankeschön zu hören. Und wenn man einige Foren bei Amazon durchstöbert, dann scheinen für die "anspruchsvollen" Leser auch noch 0 Euro zuviel. Zuviel deswegen, weil man auch die Zeit rechnen muss, die jemand für einen Indie aufbringt. Hab ich alles so erlebt.
Ich denke aber, dass eBooks sich (auch in Deutschland) durchsetzen, hier tut man sich mitunter zuerst schwer mit dem Neuen.
Lg Lika