Samstag, 23. Juli 2011

Ebooks und Pbooks in England

Der Mann gegenüber - Anzug, um die Fünfzig, sozial gut gestellt - liest in dem neuen Kindle. Die junge Dame am Nebensitz schreibt erst Tagebuch und holt dann einen auch neuen Kindle hervor. Zwei Reihen weiter liest ein Mann in einem Sony Reader der ersten Generation. Beobachtungen in dem Zubringerzug Stansted Flughafen - London City.

Die Gebildeten in England lesen digital. Amazon fährt eine riesige Werbekampagne für den Kindle. Geschätzt jede zehnte Werbetafel hat Amazon dafür gebucht. Es fällt auf, dass auch die Papierbücher heftig beworben werden. Überall werden 2 Bücher zum Preis von einem angeboten - die allerneusten Bestseller wohlgemerkt.

Beim Besuch von Waterstones - der größten Buchhandlung in London - sehe ich die EbookReader in der Ecke neben dem Kaffeeautomaten stehen. Sie sehen vernachlässigt aus. Dasselbe Bild wie in Deutschland also - der stationäre Buchhandel verweigert sich dem digitale Lesen! Vielleicht ganz folgerichtig gehen die Buchhändler davon aus, dass Ebooks sie überflüssig machen werden. Im Onlineshop von Waterstones sieht das anders aus. Auch dieser Buchhändler fährt vorübergehend zweigleisig. Welches wird wohl das tote Gleis sein?

In England sind die Bildungsunterschiede krasser als in Deutschland. Hier ist schön zu sehen, dass das digitale Lesen zuerst von den Gebildeten genutzt wird. Wer überwiegend englische Massenmedien konsumiert, hat für das Internet in seiner interaktiven Form wenig übrig - um das milde zu sagen. Wer dem Lesestoff gegenüber anspruchsvoll ist, liest zunehmend digital.

Zu sehen ist auch, dass in einem Land mit Preiswettbewerb ganz anders gelesen wird als in einem Land wie Deutschland. Die Ebooks und Pbooks gehen tatsächlich zu Preisen raus, zu denen sie auch gekauft werden. Die Rezession dort hat die Preise drastisch gesenkt. Auch wir haben eine - wenn auch uneingestandene - Konsumkrise. Aber bei uns bleiben die Bücher liegen, und Leser werden zu Nichtlesern.