Unsere Szene ist lebendig. Die Indie-Autoren schreiben. Und sie publizieren fleißig und auf vielen Kanälen. Der Funke hat gezündet, bei Lesern und Autoren.
Aber sehen wir uns die eBooks an: Kleinzeug zum nicht geringen Teil. Frühwerke auf der einen Seite, denen kein Mittelwerk, noch weniger ein Alterswerk gefolgt ist. Fingerübungen in der Manier der Lieblingsautorin. Tagebücher, die ohne Öffentlichkeit nicht sein wollen. Weltanschauungen, die in Phantasie machen. Losgeschrieben und hochgeladen. Nicht alles ist so, aber sehr vieles.
Kaum jemand versucht sich literarisch. Ein Indiz für mich: Die Werke sind alle sehr kurz, kaum eines über 50 Seiten. Büchner hat auch kurz geschrieben?, halte ich mir entgegen. Es geht hier nicht darum, anhand der Länge eines Textes auf Qualität zu schließen. Ich sage nicht: Ein kurzer Text ist immer schlecht. Ich sage: Ein langer Text ist oft gut.
Denn das fällt mir auf: Die langen Texte werden WEGEN ihrer Länge kaum aufgenommen. Dieselben Leser, die nicht genug Papierseiten verschlingen können - heißt die Autorin Josephine Angelini - mögen es knapp, wenn es digital und deutsch ist.
Und das ist ein echtes Problem für einen Verlag wie Epidu und Neobooks, die ihre Leser darüber entscheiden lassen wollen, was dem Drucker vorgelegt wird. Kaum ein Leser dort liest eine Woche lang ein und demselben Werk. Es sind aber genau diese Werke, die in den Buchhandlungen in Papier ausliegen. Genau das ist Bestsellermaterial! Genau davon leben die Verlage!
Woran liegt das?
Die Struktur ist wie geschaffen für ein unterschiedloses Nebeneinander. In der guten alten Zeit haben die Verlage eine Auslese getroffen. Heute treffen die Autoren für sich ihre Wahl. Damit haben wir nichts anderes bekommen als ein Youtube für Worte. Je mehr Geburtstagsliedchen und Amazongitarristen sich dort tummeln, je weniger wird sich die Symphonie dort aufgehoben fühlen.
Am Wichtigsten aber ist für mich die Rolle der Rezensenten in dieser Angelegenheit. Sie sind die zentrale Schaltstelle zwischen Leser und Indie. Kaum je wird ein längeres Werk rezensiert.
Das liegt daran, dass die Anforderungen an eine Rezension zu hoch sind. Ich glaube, ein geübter Leser kann ein Werk rezensieren, das er quer und ausschnittsweise gelesen hat. Das Ergebnis von zu hohen Anforderungen sehen wir bereits: Die Romane bleiben unrezensiert und ungelesen.
Wir als Szene schaffen es nicht, unsere Hoffnungsträger hervorzuheben. Das ist schade und bedenklich.
1 Kommentare:
>Dieselben Leser, die nicht genug Papierseiten verschlingen können - mögen es knapp, wenn es digital und deutsch ist.<
Ein merkwürdiges Phänomen, nicht wahr? Mir ist das auch schon aufgefallen. Daraus habe ich selbst die Konsequenzen gezogen. Angefangene Romanmanuskripte fristen weiter ihr Dasein in der Schublade. Ich wendete mich der Kurzgeschichte zu, vermied die alten Fehler und veröffentlichte unter einem anderen Namen, hauptsächlich, um den 'Aha, die schon wieder' Effekt auszuschalten.
Ich muss sagen, es läuft gut.
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