Griechenland - die Geschichte einer Insolvenz

Da Griechenland an diesem Wochenende - wenn wir Gerüchten aus Amerika (Bloomberg) und London (CNBC) folgen wollen - den Euro verlassen wird, will ich zur Abwechslung eine Geschichte erzählen.

Es war einmal eine Burg, nennen wir sie Hellas, deren Befestigung in die Jahre gekommen war. Eigentlich - wäre der Burgherr ehrlich gewesen - hätte er von einer Schutzmauer nicht sprechen dürfen. Er brauchte also dringend Geld, um die schlimmsten Löcher zu schließen. Doch wer leiht einer Burg Geld, die keinen Angriff überstanden hätte?

Da schmiedeten die anderen Burgen einen cleveren Plan.

Sie gaben den Geldverleihern das Versprechen, dass das Geld in jedem Fall, wenn nicht von Hellas, dann von ihnen selbst, den anderen Burgen, garantiert sei. Dazu gewährte Hellas üppige Zinsen.

Mit der Zeit erwiesen sich die Baumaßnahmen an den Mauern von Hellas aber als so kostspielig, dass Hellas weder die Zinsen noch das Geld zurückzahlen konnte. Die anderen Burgen mussten also einspringen und die Geldverleiher befriedigen. Die Burgen ächzten und stöhnten unter der Last.

Da hatte der Burgenverband einen Einfall.

Warum sollten die Geldverleiher ihr Geld zurückbekommen? Nötig hatten sie es offensichtlich nicht. Hätten sie es sonst verliehen, die Wucherer? Der Burgenverbund sagte den Geldverleihern also: "Wir stehen zu unserem Versprechen, euch das Geld zurückzuzahlen, aber wir müssen die Rückzahlung ein wenig verschieben."

Von diesem Tag an bekam Hellas von den Geldverleihern nicht eine Münze mehr.

Hellas musste den Burgenverband verlassen. Die Mauern wurden eingerissen. Die Hellenen besannen sich, wie gastfrei ihr schönes Land früher gewesen war, wie günstig ihre Waren gewesen waren. Hellas entledigte sich aller Schulden. Sie erklärten sich als neues Hellas nicht für die Schulden des alten Hellas zuständig. Punkt. Und wenn Hellas nicht untergegangen ist, dann existiert es glücklich und zufrieden noch heute.

Warum erzähle ich diese Geschichte? Nun, eigentlich ist es nicht meine Geschichte. Die Geldverleiher erzählen sie, wenn sie am Abend bei den Feuern sitzen. Wieder und wieder variieren sie die Geschichte. Jedesmal haben die Burgen einen anderen Namen. Die kleineren Burgen heißen Portugal, Belgien, Irland. Die größeren heißen Italien, Spanien, Frankreich. Und es gibt Geschichten von noch größeren Burgen ...

Über Hellas - in der Tat - hätte ich nicht ein Wort verlieren müssen.