Mittwoch, 14. September 2011

Der gespaltene Literaturagent: Eine Diagnose



Literary agent Jason Allen Ashlock asks, “Can an agent act (handeln) in an author’s best interests when they are also acting as their publisher?” His conclusion (Schlussfolgerung): “No.”

Eine Wortschlacht ist entbrannt in Amerika. Eine Berufsgruppe im Stellungskampf. Es geht um das Verbindungsglied von Autor und Verlag - den Literaturagenten. Was ist, wenn er (auf dem Wege des Selfpublishing) die Verlage umgeht und selbst zum EPublisher aufsteigt? Dann verhandelt er als Agent mit sich selbst als Verleger! Das darf nicht sein! Oder darf doch sein?

Im Hintergrund ist es eine Auseinandersetzung zwischen den Althirschen und den Junghirschen. Kein arrivierter Agent X mit in Jahrzehnten gewachsenen, vom Vater ererbten Verlagskontakten wird sich hinstellen und sagen: "Die Verlage sind tot". Dann werden die Verlage hingehen und sagen: "X ist tot." So beherzt kann das Leben austeilen.

Es sind die jungen Agenten, die angegriffen werden. Und die großen Agenturen, die mächtiger als die Verlage sind. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie ein Hase-Igel-Spiel mit den Autoren treiben und nicht seinen, sondern ihren Interessen zu dienen.

Logisch das Ganze? Irgendwie nicht, finde ich. Ein Agent, der das Selfpublishing übernimmt, was leistet er denn!? Das Hochladen eines Files bei Smashwords - das kann doch seine Putzfrau machen (oder deren Sohn). Es stellt vermutlich geringere Anforderungen an ihn als das Öffnen der Sicherheitstür!

Die traditionellen Agenten haben einfach nicht verstanden, dass die Verlage nicht von den 'neuen' Agenten verdrängt werden. Niemand stößt die Verlage beiseite und setzt sich an ihre Stelle. Ihre Stelle entfällt ohne Ersatz. Beispiel gefällig? Früher gab es Lebensmittelgroßhändler. Dann ist Aldi gekommen und hat Groß- und Einzelhandel gebündelt. Ein Zwischenglied war nutzlos geworden.

Entfällt dann nicht aber auch der Verlagsagent als Bindeglied? Es ist nichts mehr da, was er dem Namen nach verbinden könnte.

Das genau ist der herumspringende Punkt. Es ist ja nicht so, dass der Autor in Zukunft nur den Sohn der Putzfrau braucht für sein Glück.  Es entfällt bloß eine Hülle. Diese Hülle heißt 'Verlag'. Es entfällt der Seinszweck - die Veröffentlichung eines schön gebundenen, schwer wiegenden Buches. Doch der Verlag hat im Vorfeld zahlreiche Aktivitäten gebündelt: Lektorat, Ghostwriter, Formatierung, Cover, Druck, Promotion, Verkauf.

Über die weiterhin tätige Riege der Dienstleister wird nicht geredet. Kein Autor, der vielleicht menschlich glücklos auf die vierte Ehe zusteuert, kann sie alle unter seinen (von der dritten Frau) zerbeulten Hut bekommen. Da kommt der Agent ins Spiel. Vielleicht heißt er nicht mehr 'Agent', sondern 'Makler' oder 'Digitalverlag'. Egal - er wird die wimmelnden Aktivitäten für den Autoren kordinieren. Er wird eher mehr als weniger Arbeit haben.

Ein ehrwürdiger Beruf hat ein zeitgemäßes Kleid gefunden. Streit hin, Streit her - er wird es mit Sicherheit auch tragen wollen.